transfer 03/2025

Aus dem Inhalt:

Editorial

In dieser Ausgabe steht die Nachhaltigkeitskommunikation im Mittelpunkt. Dazu konnten wir Prof. Dr. Manfred Kirchgeorg von der HHL Leipzig Graduate School of Management als Gasteditor gewinnen, der sich seit vielen Jahren mit diesem Thema befasst. Auch wenn in jüngster Vergangenheit einige Regelungen zur Nachhaltigkeit in den Bereichen Produktion und Dienstleistung etwas abgeschwächt wurden, bleibt insbesondere die an Endverbraucher gerichtete Nachhaltigkeitskommunikation im Kontext der neu erlassenen Directive on Empowering Consumers for the Green Transition eine herausfordernde Aufgabe für das Markenmanagement und die Kommunikationsverantwortlichen. In seinem erweiterten Editorial mit dem Titel „Nachhaltigkeitskommunikation – eine Einführung aus zeitgeschichtlicher, management- und akteursorientierter Perspektive“, das Sie auf den Seiten 18-23 in dieser Ausgabe finden, gibt er einen allgemeinen Überblick, den unsere Autorinnen und Autoren in sechs weiteren Beiträgen vertiefen.

Schwerpunkt

Nachhaltigkeitskommunikation – eine Einführung aus zeitgeschichtlicher, management- und akteursorientierter Perspektive

Angesichts der vielfältigen Akteure und Managementherausforderungen der Nachhaltigkeitskommunikation, können sich die Autoren in diesem Schwerpunktheft nur einigen ausgewählten Problemstellungen widmen. Hierüber leiten sie allerdings wichtige praxisorientierte Empfehlungen für das Kommunikations- und Markenmanagement ab. Sie werden somit dem Anspruch der Fachzeitschrift transfer gerecht, den wechselseitigen Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Praxis auch für diesen wichtigen Themenkomplex zu befördern.

Prof. Dr. Manfred Kirchgeorg
Direktor des Centers für nachhaltige marktorientierte Unternehmensführung der HHL Leipzig Graduate School of Management

Forschung

Anwendung des Advertising Value Models auf TikTok-Videos im Employer Branding

Eine empirische Untersuchung relevanter Wirkfaktoren

Ausgehend von Ducoffes Advertising Value Model wird die Wirkung von TikTok-Videos auf die Einstellung zu der Arbeitgebermarke, der sogenannten Employer Brand, analysiert. In der Untersuchung wird das zugrundeliegende Modell um die wahrgenommene Qualität und Bekanntheit der Marke erweitert. Die empirischen Ergebnisse zeigen, dass TikTok-Videos die Einstellungen zu der Arbeitgebermarke positiv beeinflussen und zur Bewerbungsintention beitragen können. Videos zur Arbeitgebermarke sollten vorrangig informativ und glaubwürdig sowie nachrangig unterhaltsam sein. Bei den Markenaspekten ist vor allem auf eine hohe assoziierte Markenqualität hinzuwirken, die die Einstellung zur Employer Brand maßgeblich beeinflusst. Die verschiedenen Instrumente sind abschließend unter Aufwand und Ertrag abzuwägen.

PD Dr. Carsten D. Schultz
Privatdozent und Akademischer Rat am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing, FernUniversität in Hagen

Schwerpunkt

Nachhaltigkeitskommunikation – eine Einführung aus zeitgeschichtlicher, management- und akteursorientierter Perspektive

Angesichts der vielfältigen Akteure und Managementherausforderungen der Nachhaltigkeitskommunikation, können sich die Autoren in diesem Schwerpunktheft nur einigen ausgewählten Problemstellungen widmen. Hierüber leiten sie allerdings wichtige praxisorientierte Empfehlungen für das Kommunikations- und Markenmanagement ab. Sie werden somit dem Anspruch der Fachzeitschrift transfer gerecht, den wechselseitigen Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Praxis auch für diesen wichtigen Themenkomplex zu befördern.

Prof. Dr. Manfred Kirchgeorg
Direktor des Centers für nachhaltige marktorientierte Unternehmensführung der HHL Leipzig Graduate School of Management

Von Zahlen, Bildern und Worten: Empirische Befunde zur überzeugenden Nachhaltigkeitskommunikation

Man kann den Eindruck gewinnen, Nachhaltigkeit sei ein bisschen aus der Mode gekommen, obwohl das Thema dringender ist als je zuvor. Aber Nachhaltigkeit kommt eben nur bei den Kunden an, wenn sie richtig kommuniziert wird. Erst wenn die Konsumenten überzeugt sind, werden die Anstrengungen der Unternehmen wirksam und profitabel zugleich. Wir geben einen Überblick über empirische Befunde, die zeigen, wie Kommunikation ihrer Verantwortung gerecht werden kann. Entscheidend ist, wie verschiedene Informationsformate – von Zahlen über Bilder bis zu Worten – effektiv eingesetzt werden können.

Dr. Michael K. Zürn
Nürnberg Institut für Marktentscheidungen

Dr. Matthias Unfried
Nürnberg Institut für Marktentscheidungen

Natalie J. Weber
Nürnberg Institut für Marktentscheidungen

Dr. Fabian Buder
Nürnberg Institut für Marktentscheidungen

Sustainability Attitude-Behavior Gap

Wie Unternehmen kommunikativ Barrieren für nachhaltiges Verhalten abbauen können

Trotz umfangreicher Forschung bleibt offen, wie der Sustainability Attitude-Behavior Gap (SABG) durch Marketingkommunikation verringert werden kann. Der vorliegende Beitrag kombiniert eine Literaturanalyse mit zwölf Experteninterviews und zeigt, wie zwei verhaltensrelevante Einflussfaktoren, die wahrgenommene Selbstwirksamkeit (PCE) und die Glaubwürdigkeit, gezielt gestärkt werden können, um den SABG zu reduzieren. PCE steigt, wenn nachhaltige Wirkung konkret, emotional anschlussfähig und alltagsnah kommuniziert wird; Glaubwürdigkeit erfordert Kohärenz mit dem Kerngeschäft, transparente Beweisführung und subtile Tonalität. Das resultierende Sechs-Punkte-Framework liefert praxistaugliche Leitlinien und eröffnet Forschungsbedarf für quantitative Wirksamkeitstests.

Lukas Reffay
bruhnpartner

Dr. Mareike Ahlers
bruhnpartner, Universität Basel

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Manfred Bruhn
bruhnpartner, Universität Basel

„Wahre Kosten“ für Lebensmittel – Paradigmenwechsel in der Nachhaltigkeitskommunikation

Der Großteil der Lebensmittelpreise wird ohne Umwelt- und Sozialeffekte, die in Beschaffung und Produktion anfallen, berechnet. Das Ergebnis sind Verkaufspreise, die geringer sind als es dem Verursacherprinzip entsprechen würde. Im Beitrag wird die Nachhaltigkeitskampagne des Discount-Händlers Penny aus dem Jahr 2023 aufgegriffen, der aktuellen Forschung gegenübergestellt und analysiert, inwieweit die „Wahre-Kosten“-Kampagne ein Beispiel für andere Lebensmittelhändler sein kann. Zentrales Ergebnis ist ein Paradigmenwechsel weg von „Every campaigns fits all“ hin zu einer notwendigen Kundensegmentierung, um Ziele für Umwelt und Soziales besser zu erreichen.

Prof. Dr. Doreén Pick
Professorin am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften und Informationswissenschaften, HS Merseburg

Markentransformationen in CO2-intensiven Industrien – Wie Unternehmen die Nachhaltigkeitswahrnehmung ihrer Branche überwinden können

Trotz wachsender Nachhaltigkeitsbemühungen gelingt es Unternehmen in CO2-intensiven Branchen oft nicht, ihre Nachhaltigkeitswahrnehmung zu verbessern, was zu einer Lücke zwischen Wahrnehmung und Realität führen kann. Die vorliegende Studie zeigt, dass dies insbesondere auf nicht-kontrollierbare Wahrnehmungstreiber wie die Branchenreputation zurückzuführen ist, die das Nachhaltigkeitsimage von Unternehmen beeinflussen kann. Eine quantitative Untersuchung zeigt, wie solche Effekte überwunden und Vertrauen in Marken schrittweise gestärkt werden können. Die Studie schließt damit eine Forschungslücke zur Reputation-Reality-Gap und eröffnet neue Perspektiven auf die nachhaltige Transformation von Marken.

Dr. Oliver Brockschmidt
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Marketing und Customer Insight an der Universität St.Gallen

Rollenwechsel im Marketing – vom Absatzmotor zur Wirkungskraft im zirkulären Wandel

Um innerhalb der planetaren Grenzen zu wirtschaften, muss ein Umdenken in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft erfolgen und das Verständnis von Abfall als wertvolle Ressource Legitimität entwickeln. Dies hat auch für Marketingverantwortliche vielfache Implikationen. Die Entwicklung von Legitimation wird als dynamischer Prozess betrachtet, beeinflusst von Gesetzgebung, Wertvorstellungen und Normen. Dieser Beitrag beleuchtet die Rolle von Gesetzen im Spannungsfeld zwischen Regulierung und Wirkung. Auf Basis der Institutionentheorie werden explorative Einblicke zur Bedeutung gesetzlicher Regeln zur Legimitation von Lebensmittelabfall als wertvolle Ressource aufgezeigt und Implikationen für Marketingverantwortliche diskutiert.

Dr. Eva Lienbacher
Universitätsassistentin (Postdoc), Facheinheit Marketing, Fachbereich Betriebswirtschaftslehre Universität Salzburg

Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in Christine Vallaster
Leiterin Facheinheit Marketing, Fachbereich Betriebswirtschaftslehre, Universität Salzburg

Klick mich lieber nicht? De-Marketing als Werbestrategie für nachhaltige Marken

Unternehmen, die auf Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil setzen, stehen zunehmend vor der Herausforderung, dies authentisch an junge Zielgruppen zu kommunizieren. Social-Media-Werbung stellt hier ein beliebtes Medium dar. Die vorliegende Studie untersucht, wie „De-Marketing-Appelle“, die zu gemäßigtem Konsum zu Gunsten der Umwelt aufrufen, sich im Rahmen von Influencer- und Unternehmenswerbung auf die Markenwahrnehmung und Kaufabsicht junger Konsumenten auswirken. Mittels eines experimentellen Designs (n = 222) wurden vier unterschiedliche Werbeformate getestet, ergänzt durch ein Expertiseinterview mit einer Nachhaltigkeits-Influencerin. Die Studie unterstreicht die zentrale Rolle der Quellenglaubwürdigkeit und empfiehlt Unternehmen, auf Authentizität und konsistente Wertekommunikation zu setzen.

Prof. Dr. Anna-Katharina Grimm
Professorin für Marketing auf digitalen Märkten und quantitative Methodik, Ostbayerische Technische Hochschule Amberg-Weiden (OTH AW) und Mitglied des Institute of Psychology & Behavioral Science (IPBS)

Prof. Dr. Gabriele Murry, M.B.A. (USA), M.H.R. (USA)
Professorin für Wirtschaftspsychologie, Institute of Psychology, Ostbayerische Technische Hochschule Amberg-Weiden (OTH AW) und Mitglied des Institute of Psychology & Behavioral Science (IPBS)

Md Jawadur Rahman, M.A.
Lehrbeauftragter, Weiden Business School, PhD Student, REDIG, Ostbayerische Technische Hochschule Amberg-Weiden (OTH AW) und Mitglied des Institute of Psychology & Behavioral Science (IPBS)

Praxis

Ad Literacy – ein Bildungsproblem der Verbraucherpolitik

Nicht die Verbraucher, sondern die Vertreter einer paternalistischen Verbraucherpolitik benötigen mehr „Ad Literacy“. Der Beitrag plädiert für eine Werbewissenschaft, die Konsumenten nicht bevormundet, sondern ihre Deutungshoheit ernst nimmt. Damit wird Werbung nicht als Gefahr, sondern als eine kulturelle Praxis verstanden, die Mündigkeit voraussetzt.

Dr. Andreas Galling-Stiehler
Lehrkraft für besondere Aufgaben im Studiengang Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation, Universität der Künste Berlin

Dr. Robert Caspar Müller
Studiengang Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation, Universität der Künste Berlin

Prof. Dr. Jürgen Schulz
Professor für Strategische Kommunikationsplanung, Universität der Künste Berlin

Die Rebranding-Roadmap

Das Rebranding von Marken, insbesondere auf Unternehmensebene, zählt zu den wichtigsten strategischen Aufgabenstellungen für das Top-Management und für Markenverantwortliche. Dabei kann zwischen drei grundlegenden Rebranding-Ausprägungen unterschieden werden, die anhand der Rebranding-Matrix verdeutlicht und von einer eher oberflächlichen Markenpflege abgegrenzt werden. Ergänzend werden typische gestalterische Rebranding-Möglichkeiten anhand verschiedener Designelemente veranschaulicht. Hierauf aufbauend wird die Rebranding-Roadmap vorgestellt. Sie unterteilt den Rebranding-Prozess in fünf Phasen, angefangen vom Auslöser über die Analyse und Überarbeitung bis zur Verankerung und Verbreitung der markenbezogenen Anpassungen oder Neuschöpfungen, die Marken und Unternehmen zeitgeistig und zukunftssicher machen.

Prof. Dr. Karsten Kilian
Leiter des Masterstudiengangs Marken- und Medienmanagement, Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt

Meret Erichsen
Absolventin des Würzburger Masterstudiengangs und Junior Consultant im Bereich Strategy und Transformation bei bynd, München

Interview

„Woher wissen wir überhaupt, was wir wissen“ – Konsumentenpsychologie und Metaforschung

Dr. Susanne Adler ist Postdoktorandin am Institut für Marketing der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München bei Prof. Dr. Dr. h.c. Marko Sarstedt. Letztes Jahr hatte sie an der LMU zum Thema Metaforschung in der Konsumentenforschung promoviert. Zuvor studierte sie Konsumentenpsychologie und Marktforschung an der Hochschule Harz. Aktuell beschäftigt sie sich damit, woher wir überhaupt wissen, was wir wissen und wie wir Forschungsergebnisse transparenter gestalten können.

Prof. Dr. Margit Enke
Vorstandsmitglied der DWG Deutsche Werbewissenschaftliche Gesellschaft

Dr. Susanne Adler
Postdoktorandin am Institut für Marketing der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), München

Buchbesprechungen

ANTONY, Florian; KÖHLER, Andreas R.; GAILHOFER, Peter; HEYEN, Dirk Arne; GASCON, Lucia; FRANKE, Johannes und VERHEYEN, Roda: Teilbericht. Valide Umweltaussage oder Greenwashing? Herausforderungen und Ansätze für glaubwürdige produktbezogene Umweltinformationen. Texte 27/2025 Berlin: Umweltbundesamt, 2025, 105 Seiten, nur elektronisch als PDF verfügbar. Doi.org/10.60810/openumwelt-7787. ISSN 1862-4804
Rezensent: Univ.-Prof. (em.) Dr. Lothar Müller-Hagedorn, ehemals Direktor des Seminars für ABWL, Handel und Distribution an der Universität zu Köln sowie des Instituts für Handelsforschung (IFH)

DÜRIG, Uta-Micaela und HAUG, Heidrun: Wirkungsvolle Nachhaltigkeitskommunikation. So kommunizieren Unternehmen für eine nachhaltige Zukunft: Grundlagen, Praxisbeispiele und Erfolgsfaktoren.
Wiesbaden: Verlag Springer Gabler, 2024, 320 Seiten, Softcover, 44,99 Euro, ISBN 978-3-6584-5226-1
Rezensentin: Angelina Krohn, M. Sc., Universität Wuppertal

NYGAARD, Arne: Green Marketing und Unternehmertum
Wiesbaden: Springer Gabler, 2025, 186 Seiten, Softcover, 64,99 Euro, ISBN: 978-3-0317-6099-0
Rezensent: FH-Prof. Ing. Dr. Harald Wimmer, FH St. Pölten

BAKARE, Lola: Responsible Marketing. How to Create an Authentic and Inclusive Marketing Strategy.
London: Kogan Page, 2024, 269 Seiten, Softcover, 22,99 Euro, ISBN: 978-1-3986-1163-4
Rezensent: Johannes Goldbeck, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie