transfer 04/2023

Aus dem Inhalt:

Forschung

Kann die Nutzung von Chatbots negative Wirkungen von Produktcommoditisierung auf Markenerfolgsgrößen abschwächen?

In vielen gesättigten Märkten der industrialisierten Welt fällt es manchen Kunden zunehmend schwer, sich in der Angebotsvielfalt zurechtzufinden. Dieser Beitrag konzentriert sich auf die Produktcommoditisierung als eine mögliche Ursache für solche Schwierigkeiten. Darunter versteht man eine Entwicklung während des Produktlebenszyklus, in der ein Produkt seine Differenzierungseigenschaften verliert und die Kunden es als standardisiertes, austauschbares Gut wahrnehmen. Die Produktcommoditisierung führt zu nachteiligen Folgen für Anbieter, wie etwa zu einem verstärkten Preiswettbewerb. Die vorliegende Arbeit untersucht, ob mit dem Marketinginstrument Chatbot erfolgreich Gegenmaßnahmen getroffen werden können. Chatbots erfreuen sich einer zunehmenden Verbreitung auf vielen Märkten. Eine umfassende Studie für Deutschland bestätigt zum einen die negativen Folgen der Produktcommoditisierung auf die Markenpräferenz und zeigt zum anderen, dass Chatbots nur dann in der Lage sind gegenzusteuern, wenn die Konsumenten ihren Nutzen erkennen und mit ihrer Verwendung zufrieden sind.

Fernanda Sepúlveda Simon
Ehemalige Doktorandin an der Technischen Universität Freiberg

Udo Wagner
Professor an der Modul-Universität Wien und emeritierter Professor an der Universität Wien

Margit Enke
Professorin an der Technischen Universität Freiberg

Essay

Die Moralisierung der Marken

Markenaktivismus als mögliches Instrument moralischer Differenzierung

Die Moralisierung der Märkte hat einen spürbaren Einfluss sowohl auf die marktorientierte Unternehmensführung als auch auf das Markenmanagement. Der in diesem Zusammenhang unlängst diskutierte Ansatz des „Markenaktivismus“ kann dabei als ein Instrument der moralischen Differenzierung verstanden werden. Sein Einsatz birgt aber nicht nur Chancen, sondern auch Risiken, da er eine klare Haltung zu kontroversen Themen erfordert. Das Markenmanagement sollte daher sorgfältig die Vor- und Nachteile abwägen, bevor es diesen Ansatz instrumentalisiert.

Peter Kenning
Lehrstuhlinhaber, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb. Marketing, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Freya-Lena Blickwedel
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb. Marketing, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Praxis

Nachhaltige Markenführung

Nachhaltigkeit ist heute weit mehr als nur ein Trendbegriff – oder sollte es zumindest sein. Für Unternehmen, Gesellschaft und Umwelt ist die Nachhaltigkeit immer mehr zur unverzichtbaren Voraussetzung ihrer langfristigen Existenz geworden. Angesichts eines gesteigerten Bewusstseins für ökologische und soziale Belange richten immer mehr Unternehmen ihren Fokus nicht nur auf Profit, sondern auch auf eine tiefgreifende gesellschaftliche Verantwortung aus. Ein zentrales Bindeglied in dieser Ausrichtung ist die nachhaltige Markenführung. Dabei ist allerdings zu betonen, dass eine nachhaltige Markenführung nicht den Beginn, sondern den Zielpunkt einer nachhaltigen Unternehmensführung darstellt.

Ralf T. Kreutzer
Professur für Marketing, Hochschule für Wirtschaft und Recht, Berlin

Zweckentfremdung im Konsum von Produkten – eine etwas andere Art des individuellen „Upcyclings“

Jedes Produkt hat einen von Produzenten intendierten Zweck. Ein Sessel dient zum darauf sitzen, ein Glas zum daraus trinken, ein Bett zum darin schlafen. Aus Konsumentinnenperspektive mag der unternehmensseitig intendierte Nutzen zwar klar sein, die Verwendung der Gegenstände im Alltag kann jedoch oft komplett anders aussehen, sie werden zweckentfremdet genutzt. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der Zweckentfremdung im Konsum als eine besondere Form des Upcyclings. Eine qualitativ-explorative Studie liefert erste Erkenntnisse zu Intention und Interaktion von Zweckentfremdung. Es zeigt sich, dass bei der Zweckentfremdung finanzielle und ökologische Gründe eine wichtige Rolle spielen. Die Ergebnisse zeigen, dass eine Interaktion mit zweckentfremdeten Gegenständen im Alltag stattfindet, was jedoch den Konsumentinnen oftmals gar nicht bewusst ist. Die Erkenntnisse liefern Anhaltspunkte für nachhaltigen Konsum und praktisches Marketing.

Theresa Neubacher
Studentin, Marketing- Master WU Wien

Monika Koller
Assoziierte Professorin, Department Marketing, WU Wien

Corporate Social Resposibility im Luxus-Markensegment

Luxusmarken setzen vermehrt auf CSR-Maßnahmen. Der CSR-Literatur nach könnten sie nämlich von vorökonomischen Erfolgswirkungen wie dem Reputationsaufbau oder der Imageverbesserung profitieren. Die Studie zeigt jedoch, dass die Kommunikation von CSR-Aktivitäten die Markeneinstellung nicht positiv beeinflusst. Die Probanden bewerteten die Luxusmarke nach Kenntnisnahme der CSR-Maßnahmen negativer als zuvor. Insbesondere CSR-Aktivitäten im Bereich „Nachhaltigkeit“ wurden in der Studie besonders negativ bewertet, weshalb Luxusmarken empfohlen wird, sich auf die sozialen CSR-Maßnahmen zu fokussieren. Die Veränderung der Einstellung zur Luxusmarke wird dabei von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst, wobei die Glaubwürdigkeit als wesentlicher Faktor hervorsticht.

Bettina Manshausen
Professur für marktorientierte Unternehmensführung, Hochschule RheinMain, Wiesbaden Business School

Floriana Peci
Absolventin M.A. Sales & Marketing Management, Hochschule RheinMain, Wiesbaden Business School

Al-based B-to-B brand redesign: A case study

Artificial Intelligence (AI), a key component of the fourth industrial revolution, is currently on the radar of many academics and business experts. AI is not only able to process raw numerical data but also to generate image, video, textual, and audio material that can contribute to the development of brand and advertising elements within operational brand management. Unfortunately, in the B-to-B sector, the application of AI for brand design is under-researched. Drawing on empirical data derived from a case study of an industrial B2B company from Germany, expert interviews, and practical experimentation with AI tools, this study aims to identify the applications of AI, the capabilities of generative AI tools, the opportunities for brand development, and the value of AI-driven brand redesign for B-to-B companies. The study underscores the role of human expertise alongside AI and highlights the potential of AI to streamline brand design initiatives, particularly benefiting SMEs with limited resources.

Vakhtang Daniel
Albert, Lohmann & Rauscher International

Holger J. Schmidt
Hochschule Koblenz

Creating a Retail Multiverse: The Case of KARE´s City Studio

In order to survive in times of growing online retail, retailers are increasingly focusing on creating experience spaces that appeal to all customer senses. In this case study, we describe the cornerstones of an award-winning concept that rpc – The Retail Performance Company implemented in the redesign of the flagship city studio of KARE, a popular furniture retailer. We describe how to potentially extend their concept by crafting the retail space’s sound- and scentscapes. We conclude by describing the retail multiverse as an important framework for creating unique customer experiences in contemporary retailing.

Marko Sarstedt
Professor for Marketing, Ludwig-Maximilians-Universität München and Babeş-Bolyai-Universität Cluj

Vladimir Moldovanu
Creative Director, rpc – The Retail Performance Company

Stephan Pauli
Head of Business Development, rpc – The Retail Performance Company

Erfolgsmerkmale des B-to-B-Digital-Brand-Marketings

Eine Untersuchung auf Basis des Customer-Based-Brand-Equity-Modells für Wirtschaftskanzleien

Die Studie widmet sich der bisher wenig untersuchten digitalen Markenbildung von B-to-B-Wirtschaftskanzleien. Dazu werden die relevanten Merkmale und ihre Wechselwirkungen auf das Verhalten der Kunden auf Basis des Customer- Based-Brand-Equity-Modells (CBBE-Modell) identifiziert und analysiert. Es wird eine empirische Untersuchung in Form webbasierter Datenexploration und qualitativer Inhaltsanalyse durchgeführt. Die Studie bewertet die Interaktion von firmengeneriertem Content (FGC) und nutzergeneriertem Content (UGC) auf Online-Plattformen. Dabei zeigt sich ein deutlicher Einfluss von UGC auf den kundenbasierten Markenwert. Darauf basierend werden Empfehlungen für das digitale Branding in B-to-B-Kanzleien abgeleitet.

Stefan Detscher
Direktor Digital Business Institute & School und Professor, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen

Tabea Hillmann
Leiterin Marketing bei SGP Schneider Geiwitz

Was Marketer über E-Sports wissen müssen

Erfolgreiche Kampagnen für die Kunden von morgen

E-Sports hat sich im 21. Jahrhundert von einem Nischen Hobby zu einem globalen Phänomen entwickelt. Die explosionsartige Entwicklung der virtuellen Wettkämpfe ist Unternehmen in- und außerhalb der Gaming-Industrie nicht unbemerkt geblieben. Sie sehen in E-Sports die Möglichkeit, ihre Reichweite zu erweitern und mit den E-Sports-Fans eine neue und ausgesprochen junge Zielgruppe zu erreichen. Dies ist jedoch einfacher gesagt als getan. Um sich im E-Sports zu etablieren, müssen Unternehmen die Fans und Plattformen, auf denen diese effektiv erreicht werden können, verstehen. In diesem Beitrag wird definiert, wer E-Sports-Fans sind, welche Charakteristika die Zielgruppe ausmachen und wie sich ihr typisches Mediennutzungsverhalten erklären lässt. Anhand von Beispielen erfolgreich im E-Sports tätiger Unternehmen werden Marketingstrategien vorgestellt und näher erläutert. Die Autoren zeigen, wie Unternehmen in die Welt des E-Sports eintauchen und dabei authentisch und glaubwürdig bleiben können.

Susanne Ardisson
Professorin für Social Media und Kommunikationsmanagement, Hochschule Fresenius, und Senior Director Public Relations bei Bayes Esports

Niklas Weber
PR und Content Creator, Bayes Esports

Interview

Die Bedeutung von wissenschaftlichem Erbe und die Rolle langfristiger Markendifferenzierung in einer sich täglich ändernden Marketinglandschaft

Interview mit Prof. Dr. Andreas Strebinger

Andreas Strebinger
Professor für Marketing & Business Analytics an der Universität Graz

Margit Enke
Vorstandsmitglied der DWG – Deutsche Werbewissenschaftliche Gesellschaft